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Beweislast bei Vergütungsanspruch

Ein häufiger Fall in arbeitsrechtlichen Verfahren ist neben der Kündigungsschutzklage die Klage des Arbeitnehmers auf Zahlung von nicht geleistetem Lohn oder Honorar.

Regelmäßig will der Arbeitgeber die Vergütung zurückhalten, indem er behauptet, die Arbeitsleistung sei nicht erbracht worden. Dies kann beiden Seiten erhebliche Schwierigkeiten bereiten, wenn nicht die Regeln des Beweisrechts befolgt werden.

Ist unter Parteien streitig, ob die Arbeitsleistung erbracht worden ist, so ist zu beachten, dass nach allgemeinen Regeln die Beweislast für rechtsvernichtende Einwendungen bei demjenigen liegt, der sich darauf beruft. Wie üblich muss derjenige die Umstände beweisen, der hieraus eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten will. Bestreitet also der Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung erbracht habe, weswegen die Arbeitspflicht nicht durch Erfüllung, sondern infolge Zeitablaufs erloschen und damit auch der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers untergegangen sei, so trifft ihn die Beweislast für diese rechtsvernichtende Einwendung. Leugnet also der Arbeitgeber gegenüber der Vergütungsforderung die Vertragserfüllung, so ist er hierfür beweispflichtig.

Der Arbeitgeber kann sich auch nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen, mit dem er die vertraglich vereinbarte Leistung Zug um Zug erzwingen könnte. Dieser Weg ist ihm in der Regel versagt, da mit Ablauf der vorgesehenen Arbeitszeit die Arbeitspflicht aufgrund der Unmöglichkeit erlischt. Der Arbeitgeber bleibt daher in der Nachweispflicht, dass der Arbeitnehmer die geschuldete Leistung nicht erbracht hat.

Der Vergütungsanspruch hängt freilich davon ab, dass der Arbeitgeber seinen Arbeitsverpflichtungen nachgekommen ist. Es genügt nicht der bloße Verweis auf den Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer muss im Rahmen des § 138 ZPO konkreten Tatsachenvortrag zur Arbeitsleistung liefern (z.B. Anwesenheit, Tätigkeiten, etc.) – aber eben nicht unter Beweis stellen. Bestreitet der Arbeitgeber dies, muss er den Vortrag widerlegen.
(nach LAG Hamm, Urteil vom 31. Oktober 2002 – AZ 8  Sa 758/02)

Das Urteil erscheint auch sachgemäß. Dem Arbeitnehmer stehen arbeitsrechtliche Maßnahmen zur Verfügung, um Schlechtleistung des Arbeitsnehmers zeitnah zu sanktionieren. Er muss seinen Arbeitnehmer darauf hinweisen, wenn er dessen Arbeitsleistung als ungenügend ansieht. Dann könnte er sich im Falle einer Klage wegen rückständigen Vergütungsanspruchs auch darauf berufen.

Soweit aber erst nach der Einforderung des Vergütungsanspruchs Behauptungen wegen ungenügender Arbeitsleistung aufkommen, ist dies in zweierlei Hinsicht problematisch.
– Der Arbeitnehmer muss, wie der Vertragspartner in jedem Vertrag, darauf hingewiesen werden, dass die Gegenleistung als mangelhaft oder nicht ausreichend angesehen wird. (Es sei denn, es handelt sich um Offensichtliches.)
– Dem Arbeitnehmer ist es (z.B. wegen des in der Regel gekündigtem Arbeitsverhältnisses) nicht oder nur sehr schwer möglich, nachträglich seine tägliche Arbeitsleistung unter Beweis zu stellen. Ihm steht dann kein Zugang mehr zu Akten, Stundenzetteln oder der EDV offen, um die entsprechenden Nachweise zu liefern. Er kann dann unbewiesene Angaben des Arbeitgebers auch nicht widerlegen.

Die Beurteilung des Einzelfalls kann aus diesen Gründen ausgesprochen problematisch sein. Die Einhaltung des Beweisrechts hilft jedoch, den Überblick über den Sachverhalt nicht zu verlieren.

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

Arbeitgeber haben in aller Regel Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung abzuführen.

Um diesen ( und anderen) Pflichten zu entgehen, wird anstelle des Arbeitsvertrags häufig eine andere vertragliche Bindung gewählt, die dennoch die Ausführung bestimmter Arbeiten für den Arbeitgeber gewährleisten. Zuletzt bekannt geworden ist die Bindung der „Arbeitnehmer“ über Werkverträge. Die Leistungen werden dann meist über BGB-Gesellschaften am Ort des Arbeitgebers /  Bestellers oder Unternehmers erbracht.

Hinsichtlich des Straftatbestandes des § 266 a StGB, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, hat der BGH mit Beschluss vom 27. September 2011 – 1 StR 399/11 entschieden, dass es für die Beurteilung der Pflicht zur Leistung der Sozialversicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber nicht auf die vertragliche Konstruktion, sondern auf die objektiven Kriterien ankommt.

Unter anderem heißt es in dem Urteil: „Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält.“

Wie auch in vielen freien Berufen (Ärzte, Architekten, Steuerberater, Rechtsanwälte) kommt es dann für die Beurteilung auf die Frage an, ob die jeweilige Person in der Arbeitszeitgestaltung im Wesentlichen frei war.

Aufgrund der hohen Strafdrohung des § 266a StGB ist nach dieser Rechtsprechung des BGH jeder Arbeitgeber vor der Vereinbarung einer „Zusammenarbeit“ gut beraten, das Vertragsverhältnis zu prüfen, und zu überlegen, ob seine Ansprüche nicht vielmehr auf einer Umgehung eines Arbeitsverhältnisses hinauslaufen.