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Corona: Minderung der Gewerbemiete?

Kurz nach Beginn der Corona-Pandemie stellten etliche Einzelhändler die Zahlung der Ladenmiete auf den Prüfstand. Die Frage war, wer den Schaden trug, wenn durch eine öffentlich-rechtliche Maßnahme wie dem  „lockdown“ Verkaufsstätten, Restaurants, allgemein Gewerbeflächen mit Publikumsverkehr geschlossen werden mussten. Die öffentlich-rechtlichen Maßnahmen richteten sich weder gegen Mieter noch Vermieter, sondern verboten im Rahmen von Hygienemaßnahmen schlicht die Ansammlung von vielen Menschen, um das Infektionsrisiko niedrig zu halten. Die Maßnahmen waren aufgrund der Pandemie erlassen und dienten der Aufgabe der öffentlichen Hand, die Bevölkerung zu schützen. Aus diesem Grund waren die Maßnahmen während der ersten Kontaktbeschränkungen gerichtlich nicht erfolgreich angegriffen worden. (Dies, hier nur am Rande, ist jetzt während der zweiten Welle der Maßnahmen, etwas anders.)

Besonders das Beispiel Adidas sorgte für Empörung in der Öffentlichkeit. Es wurde als unangemessen empfunden, dass Adidas wegen der Zwangsschließung der Verkaufsläden mit den Vermietern in Verhandlungen über eine Minderung des Mietzinses ging.

Entsprechend fielen auch die ersten Urteile vor den Landgerichten aus: Das Landgericht Zweibrücken und das Landgericht Frankfurt/Main lehnten eine Minderung der Miete im Einzelhandel ab. Es läge weder ein Mangel der Mietsache, noch ein Fall der Unmöglichkeit vor. Die Begründungen waren im Einzelnen umfangreich und führten dazu, dass der Mieter von Gewerbeflächen die zeitweise Schließung allein tragen mussten. 

Eine andere Ansicht vertritt jetzt aktuell das Landgericht München I: Kann das Mietobjekt corona-bedingt aufgrund staatlicher Anordnungen nicht oder nur eingeschränkt genutzt werden, liegt ein Mangel der Mietsache vor.

Im Gegensatz zu den bisherigen Urteilen sieht das Urteil des LG München I die öffentlich-rechtlichen Maßnahmen nicht einseitig in der Risikosphäre des Mieters. Der Mieter dürfe daher die Miete mindern. Soweit die Verkaufsflächen aufgrund der Maßnahmen nur beschränkt zugänglich sind, wäre die Miete entsprechend quotal herabzusetzen.

Es bleibt abzuwarten, wie die Berufungsinstanzen in solchen Fällen entscheiden und ein wenig Rechtssicherheit herstellen. Womöglich wird es zu einem salomonischen Urteil kommen, wonach die Last der öffentlich-rechtlichen Maßnahmen auf beide Schultern, Vermieter und Mieter, verteilt werden?

Mietpreisbremse – Wohnungsmarktpolitik

Die in 2014 eingeführte (Möglichkeit der Einführung einer) Mietpreisbremse in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt reagiert auf die Einsicht, dass für viele Mieter, besonders Familien, das verfügbare Einkommen für angemessenen Wohnraum nicht mehr ausreicht und in begehrten städtischen Lagen eine für die Stadtplanung tödliche Monokultur befürchtet wird.
Teils waren die Erwartungen unrealistisch überzogen: Eine „Entspannung“ kann ein solches Gesetz zunächst gar nicht bewirken, da es nicht rückwirkend in die Gestaltung des Mietzinses eingreifen kann. Allenfalls für die Zukunft könnte der weitere Anstieg der Mieten aufgefangen werden.
Teils sind die Erwartungen jedoch auch ungerechtfertigt durch die Politik geweckt: eine Mogelpackung an Symbolpolitik, die es allen recht machen will und für gute Presse durch die oberflächliche Bedienung des Wählerwillens sorgt.

Grob dargestellt spaltet sich die Mietpreisbremse in zwei Maßnahmen auf:

  1. Wiedervermietung nach § 556d BGB: z.B.: Bayern § 1 a WoGeV Anlage 3
  2. Kappungsgrenze § 558 III BGB S. 1: max 20 % in 3 Jahren, S. 2 max 15 % in 3 Jahren, wenn § 558 III BGB, z.B. Bayern: § 1 b WoGeV Anlage 2

Fangen wir mit dem zweiten an. Die Kappungsgrenze ist das klassische Instrument, die Erhöhung der Miete innerhalb eines Vertragsverhältnisses zu deckeln. Der Gesetzgeber hatte sich für eine maximal möglich Anhebung der Miete um 20 % innerhalb von 3 Jahren entschieden. Mit der Reform in 2013 stellte er den Ländern frei, diese Grenze per Verordnung für die Dauer von jeweils 5 Jahren im Falle eines angespanntem Wohnungsmarkt auf 15 % zu senken. Diese Möglichkeit dürfte mittlerweile der Großteil der Länder auf die eine oder andere Art gezogen haben.

Auch die jetzt als Erleichterung für die Mieterseite in der Presse kommentierte Entscheidung des BGH zum AZ: VIII ZR 217/14 zur Kappungsgrenze stellt nur die Entscheidungsfreiheit der Politik über die Ausweisung der Gebiete mit angespanntem Wohnungmarkt fest. Der politische Entscheidungsträger hätte „weiten wohnungsmarkt- und sozialpolitischen Beurteilungs- und Einschätzungsspielraum“, was lediglich dokumentiert, dass es sich – natürlich und richtig – um einen politischen Steuerungsprozess der sozialen Marktwirtschaft unter Abwägung der Interessen des Einzelnen (Bestand und Sicherung des Eigentums) und der Interessen der Allgemeinheit (Notwendigkeit von bezahlbarem Wohnraum) handelt.

Die erste Variante der Mietpreisbremse ist wesentlich diffiziler: § 556 d BGB regelt die Mieterhöhung bei Beginn des Mietverhältnisses. Hier steht es den Ländern wieder frei durch Rechtsverordnung Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt auszuweisen, mit der Folge, dass dort „die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 2 BGB) höchstens um 10 % übersteigen“ darf. Die Beweislast trägt der Mieter in aller Regel als derjenige, der eine günstigere Miete begehrt. Auch wenn es in vielen Großstädten bereits Mietspiegel als Anhaltspunkt für die ortsübliche Vergleichsmiete gibt, ist die Beweislage alles andere als eindeutig. Viele Mietspiegel werden mit dem Argument angegriffen, dass sie nicht die realistischen Preise wiedergeben. In aller Regel handelt es sich  (natürlich) um die politisch motivierte Festlegung von Vergleichsmieten, an der die regionalen Akteure des Wohnungsmarktes (Stadt- / Kreispolitik, Wohnungseigentümer, Mietervertretung) mitwirken.
Zusätzlich regelt § 556 e BGB für Wohnungen mit Erstbezug vor dem 1. Oktober 2014, dass eine Überschreitung jedenfalls bis zur Höhe der zuvor für die Wohnung vereinbarten Miete nicht zu beanstanden ist.
Aus diesen Gründen wird es dem Mieter als Anspruchsteller hier in besonderem Maße schwer fallen, seiner Beweislast für die Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete nachzukommen.

Die bereits übliche Kappungsgrenze für Mieterhöhungen um 20, bzw. 15 % stellt ein übliches und in der Rechtspraxis vertrautes Instrument der Mietpreisgestaltung dar. Die Kappung von 10 % bei neuen Vermietungen dürfte sich dagegen in der Praxis als nur schwer durchführbar erweisen. Insgesamt stellen sich die verschiedenen Einzelregelungen im Mieterhöhungsrecht als nur noch vom Fachmann beherrschbar da. Es wäre die Politik auch daran zu erinnern, dass hier, wie etwa auch insbesondere bei Fragen des Betriebskostenrechts die symbolische Regelungen von Detailaspekten häufig  erhöhte Folgekosten z.B. für Verwaltung oder Rechtsberatung provozieren.

Update: Mit Urteil vom 29. März 2017 hat das Landgericht Berlin über eine Klage auf Rückzahlung wegen Überschreitung der zulässigen Miethöhe bei Mietbeginn entschieden. Das ausführliche Urteil nimmt Stellung zu allen Rechtsfragen, insbesondere aber zu der Anwendung des Berliner Mietspiegels als geeigneten Beurteilungsmaßstab für die ortsübliche Vergleichsmiete.

Kündigung des Mietvertrags wegen Zahlungsrückstands einer Miete

Die Voraussetzungen für die fristlose Kündigung aufgrund Zahlungsverzugs beschränken sich auf die zwei Varianten:
– Rückstand in Höhe eines Betrags der zwei Monatsmieten erreicht oder
– Rückstand an zwei aufeinanderfolgenden Terminen in Höhe eines Betrages, der eine Monatsmiete übersteigt.

Fraglich war, welcher Betrag für die Kündigung zur gesetzlichen Frist ausreichen soll.

Da die fristlose Kündigung an engere Bedingungen geknüpft sein muss, als die fristgemäße Kündigung, war lange Zeit streitig, welcher Rückstand hierfür ausreichen sollte.

Der Bundesgerichtshof hat hierzu entschieden:

„In Anlehnung an die überwiegend vertretenen Auffassungen erscheint dem Senat die Erheblichkeitsgrenze nicht überschritten, wenn der Rückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und zudem die Verzugsdauer weniger als einen Monat beträgt.“

Eine erhebliche Vertragsverletzung, welche zur Kündigung des Mietvertrags berechtigt, ist nach dem Urteil des BGH danach gegeben, wenn sich der Mieter über einem Monat mit einem Betrag im Verzug befindet, der mindestens eine volle Monatsmiete erreicht.

Eine Heilung der Kündigung durch nachträglich Zahlung ist zudem nicht möglich:
„Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf die ordentliche Kündigung kommt nicht in Betracht.“

BGH VIII ZR 107/12

Betriebskosten: Anspruch auf Einsicht in die Originalbelege

Zum Streit darüber, ob der Mieter für die Überprüfung der Betriebskosten Einsicht in die Originalbelege nehmen darf oder auf Kopieren verwiesen werden kann, hat das Landgericht Kempten mit Entscheidung vom 30. Dezember 2011 klare Position zu Gunsten der Mieter bezogen.

Auf die Klage einer Mieterin gegen ein großes Wohnungsunternehmen, welches die Rechnungsbelege einscannt und dann nur noch als Kopien vorlegt, hat das Gericht entschieden, das Originalbelege vorzulegen wären.

Unter Bezug auf Rechtsprechung und Kommentarliteratur vertritt es die Ansicht, dass der Vermieter verpflichtet ist, dem Mieter im Original sämtliche Rechnungen und sonstigen Belege zu präsentieren.

Erst wenn der Vermieter in der Lage ist, nachzuweisen, dass das Scanverfahren bzw. ein Verfahren zur elektronischen Datenspeicherung gegen Fälschung und Manipulation ausreichend gesichert ist und Softwarefehler ausgeschlossen sind, könne möglicherweise erwogen werden, die Vorlage der Originale durch die so gesicherten Daten zu ersetzen.

LG Kempten Urteil vom 30.12.2011, 53 S 1707/11

Minderungsrecht wegen Mängeln: Lärmprotokoll weiterhin führen!

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß nicht zu hohe Anforderungen an die Darlegung von Lärmbeeinträchtigungen zu stellen sind: Ein ausführliches Lärmprotokoll sei nicht nötig. Wenn jetzt mitunter die Erstellung eines Lärmprotokolls für entbehrlich gehalten wird, ist der Mieter schlecht beraten!

Die Entscheidung ist wie üblich vor dem konkreten Sachverhalt zu sehen: Im Streit war eine Minderung wegen des Lärms, der in einer Wohnungseigentumsanlage durch Gäste von Ferienwohnungen verursacht wurde:

„Da die Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes eintritt, genügt der Mieter seiner Darlegungslast schon mit der Darlegung eines konkreten Sachmangels, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt; das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung (oder einen bestimmten Minderungsbetrag) braucht er hingegen nicht vorzutragen. Bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen durch Lärm oder Schmutz ist deshalb die Vorlage eines „Protokolls“ nicht erforderlich. Vielmehr genügt grundsätzlich eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen (Partygeräusche, Musik, Lärm durch Putzkolonnen auf dem Flur o.ä.) es geht, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten.“ (BGH zum AZ: VIII ZR 155/11)

Der Mieter ist trotz der Urteils schlecht beraten, wenn daraus geschlossen wird, er habe Lärmbeeinträchtigungen nicht mehr darzulegen.

Der Mieter bleibt in der Darlegungslast oder, wie es in dem Urteil heißt: „… genügt der Mieter seiner Darlegungslast schon mit der Darlegung eines konkreten Sachmangels, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt“.

Der Mieter ist danach gut beraten, weiterhin ein Lärmprotokoll zu führen, um den konkreten Sachmangel und die Beeinträchtigung des Gebrauchswerts der Mietsache exemplarisch darzulegen. Nach dem Urteil wird aber vermutlich ein dauerhaftes Lärmprotokoll über das Ausmaß, d.h. die Protokollierung jedes einzelnen Vorkommnisses nicht mehr erforderlich sein.