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Betriebskosten: Anspruch auf Einsicht in die Originalbelege

Zum Streit darüber, ob der Mieter für die Überprüfung der Betriebskosten Einsicht in die Originalbelege nehmen darf oder auf Kopieren verwiesen werden kann, hat das Landgericht Kempten mit Entscheidung vom 30. Dezember 2011 klare Position zu Gunsten der Mieter bezogen.

Auf die Klage einer Mieterin gegen ein großes Wohnungsunternehmen, welches die Rechnungsbelege einscannt und dann nur noch als Kopien vorlegt, hat das Gericht entschieden, das Originalbelege vorzulegen wären.

Unter Bezug auf Rechtsprechung und Kommentarliteratur vertritt es die Ansicht, dass der Vermieter verpflichtet ist, dem Mieter im Original sämtliche Rechnungen und sonstigen Belege zu präsentieren.

Erst wenn der Vermieter in der Lage ist, nachzuweisen, dass das Scanverfahren bzw. ein Verfahren zur elektronischen Datenspeicherung gegen Fälschung und Manipulation ausreichend gesichert ist und Softwarefehler ausgeschlossen sind, könne möglicherweise erwogen werden, die Vorlage der Originale durch die so gesicherten Daten zu ersetzen.

LG Kempten Urteil vom 30.12.2011, 53 S 1707/11

Betriebskosten und Minderung

Wurde die Miete berechtigt gemindert, so bezieht sich die Minderung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Bruttomiete. Aus diesem Grund war lange im Streit, welche Auswirkungen dies auf die Betriebskostenabrechnungen hätte: Da mit der Bruttomiete auch die Vorauszahlungen berechtigt gemindert sind, müsse dies auf die Betriebskostenabrechnungen durchschlagen.

Im letzten Jahr hat nun der Bundesgerichtshof wie folgt entschieden:

Ist die Miete gemindert, berechnet sich eine etwaige Nachforderung des Vermieters aus einer Betriebskostenabrechnung dergestalt, dass die vom Mieter im Abrechnungsjahr insgesamt geleisteten Zahlungen der geschuldeten Gesamtjahresmiete (Jahresbetrag der Nettomiete zuzüglich der abgerechneten Betriebskosten abzüglich des im betreffenden Jahr insgesamt gerechtfertigten Minderungsbetrags) gegenübergestellt werden.

Damit berechnet sich die Nachforderung wie folgt:

Nettomiete plus abgerechnete BK minus Minderungsbetrag minus geleistete Zahlungen.

Der Minderungsbetrag ermittelt sich aus der berechtigt in Anspruch genommenen Minderungsquote von der Nettomiete plus der abgerechnete BK. Oder anders gewendet: Die Jahresbruttomiete bestimmt sich aus der Nettomiete zuzüglich der nach Abrechnungsreife abgerechneten tatsächlichen Betriebskosten. Davon wird die Minderungsquote abgezogen, wodurch sich die für das Jahr geschuldete Miete ergibt. Davon werden die tatsächlich insgesamt geleisteten Mietzahlungen abgezogen.

Nachtrag aufgrund von Nachfragen:

Der BGH stellt der Bruttomiete die Minderungsquote und die geleisteten Zahlungen gegenüber.
Die Bruttomiete ist dabei jedoch nicht als Nettomiete zuzüglich Vorauszahlungen zu verstehen, da diese nicht die tatsächlich angefallenen Betriebskosten repräsentieren. Die Bruttomiete setzt sich also aus Jahresnettomiete zuzüglich der tatsächlichen Betriebskosten laut Abrechnung zusammen. Hiervon werden dann die Minderungsquote und die geleisteten Zahlungen abgerechnet.

Die Berechnung führt immer wieder zu Schwierigkeiten im Einzelnen. Es ist daher zu empfehlen, im Zweifel professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen.

Die ordnungsgemäße Zustellung: Einwurf-Einschreiben

Im Streit um die Beweiskraft eines Einwurf-Einschreibens für den Zugang einer Willenserklärung hat der BGH in einem aktuellen Urteil sich deutlich in Richtung der Befürworter einer hinreichenden Beweiskraft durch ein Einwurf-Einschreiben orientiert.
Mit Urteil vom 25.01.2012 – VIII ZR 95/11 – haben die Richter entschieden, daß der Zugang einer Willenserklärung durch ein Einwurf-Einschreiben an ein Postfach gewährleistet sei.

Bereits vorher hatte das LG Saarbrücken in einem Einwurf-Einschreiben einen hinreichenden Anscheinsbeweis gesehen, den der bestreitende Empfänger qualifiziert begegnen müsse:
„Beim Einwurfeinschreiben genügt der Auslieferungsbeleg nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises für den Beweis des rechtzeitigen Zugangs, wenn das ordnungsgemäße Zustellungsverfahren vom Zusteller eingehalten worden ist.“ (was im Ergebenis nur durch Zeugenvernahme des Zustellers ermittelt werden kann.)
(OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.03.2007 – 4 U 83/06; OLG-Report Saarbrücken 2007, 601; über IBR 2007, S. 601)

Ganz anders dagegen die Ansicht der 67. Kammer des Landgerichts Berlin:

Ein Beispiel für die Unzulänglichkeit der uns umgebenden Institutionen und Personen sieht dagegen das Landgericht Berlin, das in einem Hinweisbeschluß ein Einwurf-Einschreiben als nicht zum Zugangsbeweis geeignet befand.

„Beim Einwurf-Einschreiben wird die Sendung nicht gegen Unterschrift an den Empfänger persönlich ausgehändigt. Die Ablieferung erfolgt vielmehr durch Einwurf der Sendung in den Briefkasten des Empfängers. Unmittelbar vor dem Einwurf zieht der Postmitarbeiter das so genannte Peel-Off-Label, das zur Identifizierung der Sendung dient, von dieser ab und klebt es auf den so vorbereiteten, auf die eingeworfene Sendung bezogenen Einlieferungsbeleg. Auf diesem Beleg bestätigt der Postmitarbeiter nach dem Einwurf  mit seiner Unterschrift und Datumsangabe die Zustellung.

So die Theorie. In der Praxis scheinen sich bisweilen die Mitarbeiter der Post die Arbeit dadurch zu erleichtern, dass sie die Peel-off-Label bereits in der örtlichen Poststelle von den Sendungen lösen und die Belege ausfüllen, um die Sendungen dann mit der normalen Post auszuliefern. Diese Vorgehensweise lag einem Fall zugrunde, den das Landgericht Potsdam (Urteil vom 27. Juli 20000 – 11 S 233/99) zu entscheiden hatte:

„Die Kammer weist darauf hin, dass sich nach dem ersten Anschein der Eintrag in dem als Anlage K 4 vorgelegten Postausgangsbuch vom 30. September 2008 auf ihr Schreiben vom 29. September 2008, in welchem sie die Aufrechnung erklärt, bezieht. Gleiches gilt für die in Anlage K 5 vorgelegte Auskunft der Deutschen Post vom 26. August 2010. Dieses Schreiben stellt zur Überzeugung der Kammer aber noch keinen Beweis des Zugangs der Sendung beim Beklagten dar. Hier wäre es gegebenenfalls Sache der Klägerin unter Beweisantritt vorzutragen, welcher Mitarbeiter der Post in welcher Form die Sendung zugestellt hat.“

(LG Berlin 67 S 478/10 – Hinweis vom  19.01.2011)

Der Hinweis der Kammer bedeutet im Ergebnis, daß jedenfalls in Mietsachen eine Zustellung durch Einwurf-Einschreiben nicht nachgewiesen werden kann.

Die Post jedenfalls ist keine große Hilfe. Sie verweigert mit Verweis auf den Datenschutz nach persönlicher Anfrage regelmäßig die Herausgabe der Namen der Zusteller. Die elektronisch gespeicherten Daten werden zudem nur noch sechs Monate vorgehalten. Dem Nachweis der Zustellung ist damit nicht mehr gedient.

Wie hatte eine Richterin über einen anderen Zusteller erklärt: Der Briefzusteller ist gerichtsbekannt unzuverlässig: Es war der von der Justiz beauftragte Zustelldienst.

Es bleibt zu hoffen, daß die überzogenen Anforderungen der 67. Kammer des Landgerichts Berlin an den Nachweis einer Zustellung nicht Schule machen.