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Datenschutzverstoß bei Verwendung von Office 365 an bayerischen Schulen

Bei netzpolitik.org ist mein Beitrag über Verletzungen datenschutzrechtlicher Vorschriften bei der Nutzung von Office 365 an einer bayerischen Schule erschienen.

Im Wesentlichen geht es im Beispielsfall darum, dass die Schule als Verantwortliche ihren Informationspflichten nicht nachkommt und das Vertragsmodell von Microsoft eine klare Trennung von ihrem bisherigen Geschäftsmodell, auch durch Datenverarbeitung Wertschöpfung zu betreiben, nicht erkennen lässt. In den hier untersuchten Vertragsmodellen war für einen Teil der Anwendungen (Word, Excell etc.) die Schule verantwortlich, für andere (Teams, Outlook u.a.) Microsoft selbst. Daher erfolgt die Verarbeitung personenbezogener Daten auch durch Microsoft. Bereits diese Trennung der Verantwortungssphären ist den meisten Beteiligten nicht klar, es wird nicht darüber informiert. Die Vertragsunterlagen von Microsoft tragen eher zur Unklarheit bei.

Datenschutz ist der Schutz der Menschen hinter den Daten. Wenn diese verarbeitet wurden ist es meist bereits zu spät.

Microsoft bestreitet zwar, Daten für Werbung oder anderweitig zu monetarisieren. Den untersuchten Unterlagen, den Datenschutzerklärungen von Microsoft oder den MicrosoftOnlineServicesTerms etc. lassen sich voreingestellte Zustimmungen zur Verwendung der Daten zu Werbezwecken entnehmen, zudem umfangreiche Datenverarbeitung zu einer nicht genauer bestimmten Modellierung der Software. Ebenso behält sich Microsoft weiter die Speicherung der personenbezogenen Daten in den USA vor, was zuletzt wieder durch den EUGH durch das Urteil Schrems II für rechtswidrig erklärt wurde. Hinter der Datenverarbeitung von Microsoft (wie der anderen BigData Unternehmen) stecken also im Wesentlichen folgende Problemlagen:
– Die Daten werden mit Klarnamen oder pseudonymisiert verkauft für Werbung, Versicherungsleistungen etc.
– Die Daten werden zur Modellierung neuer Software verwendet, vor allem zur Bildung von LockInn-Geschäftsmodellen. Besonders im Bildungssektor ein fragwürdiges Modell.
– Die Datenverarbeitung in den USA widerspricht im Besonderen noch einmal den datenschutzrechtlichen Grundlagen, da in den USA eine EU-rechtskonforme Nutzung durch die Geheimdienste nicht gewährleistet wird.

Datenschutz ist nicht Datensicherheit. Der Datenschutz geht im Kern auf das Problem ein, dass Informationen über Menschen die Grundlage für die Ausübung von Macht sind. Es geht dabei nicht nur um den Einzelnen, sondern auch um die Organisation der Individuen in Gruppen, Interssenverbänden, also um die Möglichkeit der Ausübung von Freiheit und ungehinderte Teilnahme am gesellschaftlichen Prozessen: Bildung, Politik, Arbeit. Aus diesem Grund kann ein Einzelner auf sein Grundrecht auf Datenschutz nur in besonderen Fällen verzichten. Er kann etwa nicht sein Telefonbuch „freiwillig“ an WhatsApp freigeben, ohne die dort gespeicherten Personen um ihre Zustimmung gefragt zu haben.

Richtig ist daher, dass jede Datenverarbeitung einen Grundrechtseingriff darstellt, für den es einen Rechtfertigungsgrund geben muss. Das gilt selbstverständlich für öffentliche Stellen, wie Schulen, mehr als für Wirtschaftsunternehmen.

In den Schulen, wie anderswo, wird über die Notwendigkeit und die Grundlagen des Datenschutzes wenig bis nicht informiert. Da keine Sanktionen erfolgen, hält man den Datenschutz bestenfalls für ein Kavaliersdelikt.

Es gehen nach dem Artikel viele Nachfragen ein, wie sich die behandelten Verstöße gegen den Datenschutz mit der Integrität der öffentlichen Verwaltung vereinbaren lassen. Die Frage ist berechtigt, sollte jedoch an die Schulverwaltungen und die Kultusministerien gestellt werden, die sich für Verträge mit Microsoft entschieden haben und seit langem offenbar erfolglos im Hintergrund daran arbeiten, die Verträge datenschutzkonform zu gestalten. Dieses Bevorzugen einer im Kern kritischen Lösung ist zuletzt nicht nur datenschutzrechtlich bedenklich, sondern auch wirtschaftspolitisch. Bedeutet es doch, dass heimische Anbieter, die geltende Gesetze beachten, nicht gleichberechtigt berücksichtigt werden. In Bayern etwa ist nicht bekannt, dass vor der Entscheidung für Microsoft eine Ausschreibung erfolgt wäre.

Abnahme von Bauleistungen in der WEG

Der Literatur lässt sich verschiedentlich entnehmen, dass die Wohnungseigentümer den Verwalter durch Beschluss zur Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums ermächtigen können. In der Rechtsprechung scheint es sich jedoch durchgesetzt zu haben, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft keine Kompetenz zur Beschlussfassung über die Vergemeinschaftung der Abnahme von Bauleistungen hat.

Demnach hat der Einzelerwerber einen individuellen Anspruch auf insgesamt mangelfreies Gemeinschaftseigentum und aus diesem Grund die Abnahme selbst zu erklären. Insofern dürfte die Ermächtigung des Verwalters oder eines Verwaltungsbeirates nur unter ausgesprochen engen Voraussetzungen wirksam erfolgen können. Hierzu dürfte zumindest die vorherige sachverständige Begutachtung der Bauleistung, die ausführliche Information der einzelnen Wohnungseigentümer und, nach der vorliegenden Rechtsprechung zu schließen, ein einstimmiger Beschluss aller Wohnungseigentümer erzählen.

Hat sich ein Bauträger in den Verträgen mit den Erwerbern zur umfassenden Modernisierungsmaßnahmen sowie zur Aufstockung des Gebäudes verpflichtet, sind diese Arbeiten nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten vergleichbar und rechtfertigen die Anwendung von Werkvertragsrecht auf die ganze Bausubstanz. Umfangreiche Bauleistungen an einer bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft sind daher mit einem Neubau vergleichbar. Die Abnahme muss mit der vorstehend genannten Rechtsprechung gewertet werden. Demnach ist dem Verwalter von Wohnungseigentum zu empfehlen, die Abnahme den einzelnen Wohnungseigentümern zu überlassen.

Dem Bauträger ist im jeden Fall zu empfehlen, die Abnahme von jedem Eigentümer unterzeichnen zu lassen.

Für die Möglichkeit der Ermächtigung eines Dritten zur Abnahme bedarf es in jedem Fall der Beurteilung des Einzelfalls. Regelungsort für die Abnahme ist der jeweilige Erwerbsvertrag.

BGH: keine Minderung bei ordnungsgemäßen Bau

Mietminderung trotz Fehlen bauseitiger Mängel? Der BGH denkt um.

Nach der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung war in der Regel davon auszugehen, dass trotz des Fehlens eines bauseitigen Mangels der Mieter die Miete mindern durfte, wenn der Vermieter ihm keine Verursachung des Mangels nachweisen konnte.
Der Standard-Fall bestand darin, dass sich in einer Wohnung Schimmel bildet und in einem selbstständigen Beweisverfahren der Sachverständige keine bauseitigen Mängel, sondern die Übereinstimmung des Bauwerks mit den Vorschriften zur Zeit der Errichtung des Gebäudes feststellt. Dann musste der Vermieter nach der so genannten Sphärentheorie dem Mieter zumindest eine überwiegende Mitverursachung des Mangels, etwa aufgrund schlechten Lüftungsverhaltens nachweisen. Dergleichen gelingt aus praktischen Gründen so gut wie nie, ohne dass dies der jeweiligen Partei vorzuwerfen wäre. Meist ist es schlicht unmöglich, das Lüftungsverhalten zum Zeitpunkt der Entstehung des Mangels im Nachhinein festzustellen. Da von den Gerichten jedoch der Vermieter als derjenige mit dem höheren Wissen über sein Bauwerk in die Pflicht genommen wird, fällt diese Beweisproblematik in der Regel zu Lasten des Vermieters aus.

Beispielhaft ein Urteil des Landgerichts Berlin, in dem ausgeführt wird:

„Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es nicht nur entscheidend auf die von dem Sachverständigen bestätigte Einhaltung der bei Errichtung des Gebäudes geltenden DIN-Vorschriften an, sondern gemäß § 535 Abs. 1 BGB hat der Vermieter dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch zu gewähren und die Mietsache in einem solchen Zustand zu erhalten, dass diese möglich ist (LG Berlin, Urteil vom 14.1.2005 – 63 S 357/04)“

Das Urteil des BGH vom 5.12.2018 stellt dagegen fest:

„Wärmebrücken in den Außenwänden einer Mietwohnung und eine deshalb – bei unzureichender Lüftung und Heizung – bestehende Gefahr einer Schimmelpilzbildung sind, sofern die Vertragsparteien Vereinbarungen zur Beschaffenheit der Mietsache nicht getroffen haben, nicht als Sachmangel der Wohnung anzusehen, wenn dieser Zustand mit den zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Bauvorschriften und technischen Normen im Einklang steht.“

Das Urteil liegt nahe. Bereits für ältere Fenster, die zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes den geltenden Bauvorschriften entsprachen, findet sich ähnliche Rechtsprechung. Es ist auch praxisgerecht, wenn ein Gebäude nicht Über die Jahre den sich stetig ändernden DIN-Vorschriften für neue Gebäude angepasst werden muss. Häufig ist dies technisch und wirtschaftlich gar nicht möglich.

Inwiefern dies nun die Rechtsprechung der Instanzen beeinflusst, dass der Vermieter zunächst den meist unmöglichen Anteil des Mieters an der Entstehung des Mangels nachweisen muss, obwohl feststeht, dass das Gebäude keinen Mangel aufweist, bleibt abzuwarten.

Betriebskosten als zweite Miete. Der Spiegel über Vonovia

Der Spiegel berichtet hier über Beschwerden der Mieter von Vonovia über ihre Betriebskosten.
Vonovia scheint demnach die Dienstleistungen durch eigene Tochterfirmen ausführen zu lassen und dann an dadurch zu verdienen. Das wirft verschiedene Aspekte des Betriebskostenrechts auf, die der offensichtlich gut recherchierte meiner Ansicht nach nicht 100 % erfasst.

Grundsätzlich ist gegen die eigene Ausführung von Dienstleitungen, wie etwa Hauswartsdienste, Winterdienst oder Reinigung, durch den Eigentümer, die Hausverwaltung oder wie hier durch Tochtergesellschaft eines Konzerns nichts einzuwenden. Auch viele städtische Wohnungsbaugesellschaften befinden sich in dem Zielkonflikt, Dienstleistungen durch die eigenen, also ebenfalls städtischen, Betriebe ausführen zu müssen (Müllentsorgung, Wasserkosten etc.)

Nicht ganz richtig halte ich den vermittelten Eindruck, dass der Eigentümer / Verwalter ein drängendes Interesse daran hat, die Betriebskosten niedrig zu halten, um die Nettomiete höher anzusetzen. Der größere Vermieter hat zwar im Prinzip ein Interesse, die Kosten niedrig und damit die eigenen Wohnungen attraktiv zu halten. Die Komplexität verschlingt aber auch viel Manpower, die an anderer Stelle benötigt wird. Die Betriebskosten fallen da im Zweifel hinten weg, weil sie durch die Mieter bezahlt werden müssen.
Das Mietrecht ist stark reglementiert. Eine willkürliche Steigerung der Mieten, wie hier offenbar vorausgesetzt, ist nicht möglich. Es bestehen etliche Instrumente einer Beschränkung der Mieterhöhung, die der Immobilienwirtschaft zu streng sind und den Mietern und Sozialverbänden nicht weit genug.
Auch das Recht der Betriebskosten ist durch Gesetze und Rechtsprechung relativ stark eingeschränkt, so dass hier reine Willkür ausgeschlossen ist – was aber hohen Betriebskosten nicht entgegenwirkt. Tatsächlich sind hohe Betriebskosten meiner Ansicht nach die Folge einer falschen Reglementierung, die nicht die Mieter, sondern die rechtliche Einhegung der Kosten und die Wirtschaftsförderung im Blick hat. So halte ich die Einführung der Rauchmelder für einen Akt der Wirtschaftsförderung – es gab zuvor keine nennenswerten Probleme mit zu spät erkannten Bränden, die hierdurch verhindert worden wären. Der Mieter zahlt. Ähnlich ist es mit dem Wunsch von Lobbyisten und Politik smart meter einzuführen – positive und kostensparende Effekte sind nicht bekannt. Die großen Dienstleister drängen jedoch auf die Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle und benötigen hierzu Daten, viele Daten. Der smart meter ist ein Datenerhebungsgerät, damit die Daten dann weiter verwertet und verkauft werden können. Bezahlen soll das nach bisherigen Plänen wieder der Mieter. Die Hauswartskosten sind dagegen in den letzten Jahren gestiegen, weil die Rechtsprechung auf die häufigen Zweifel an den Kosten durch die Mieter reagierte und eine Nachweispflicht der Tätigkeiten gefordert haben. Das war durch den kleinen Handwerker nicht zu schaffen und hat größere Firmen gefördert, die eine eigene Verwaltung haben. Der einfache Hauswart mit günstiger Kostenstruktur wurde weitgehend verdrängt. Die Verwaltung der Hauswartstätigkeiten zahlen nun auch die Mieter. Ähnliches gibt es bei der Modernisierungsumlage zu berichten.

Ein weiterer Aspekt wäre das Gebot der Wirtschaftlichkeit. Der Vermieter muss, wie es in dem Artikel angedeutet ist, eine starke Kostensteigerung erläutern. Wenn die Kosten so horrend wie in dem Artikel beschrieben steigen, also etwa 1900 % für den Winterdienst, dürften die Kosten weit über denen von Wettbewerbern liegen. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit wäre verletzt.
Grob gesagt läuft die Abrechnung der Betriebskosten wie folgt: Der Vermieter von Wohnungen muss ein Jahr nach Abschluss der Abrechnungsperiode über die Betriebskosten abgerechnet haben. Der Mieter muss innerhalb eines weiteren Jahres konkret gegen die Kostenpositionen Widerspruch einlegen. Hierzu muss er gegebenenfalls Einsicht in die Rechnungsunterlagen nehmen. Wenn der Mieter die Kosten für überhöht hält, muss er anhand von konkreten Beispielen und Berechnungen nachweisen, dass die Kosten weit über denen der Mitbewerber liegen. Manche Städte, wie Berlin, haben auch im Mietspiegel eine Auflistung der durchschnittlichen Betriebskostenpositionen. Daran kann man sich orientieren und bei einer weiten Überhöhung eine Erklärung verlangen. Dann wäre der Vermieter in der Pflicht nachzuweisen, warum er dennoch das Gebot der Wirtschaftlichkeit eingehalten hat.

Das Recht der Betriebskosten ist kompliziert und sollte in jeder Hinsicht stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Das zeigt auch der Artikel des Spiegel wieder.

Ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses neben fristloser Kündigung.

Eine ordentliche Kündigung des Wohnungsmietverhältnisses kann neben einer fristlosen Kündigung Bestand haben.

In besonderen Fällen eines schweren Verstoßes gegen die im Mietvertrag vereinbarten gegenseitigen Pflichten kann dem Vermieter ein Recht auf fristlose Kündigung des Mietverhältnisses zustehen. Das Mietverhältnis wird dann sofort beendet. Ein Fall davon ist ein erheblicher Zahlungsverzug. Grob gesagt: Zwei Mieten fehlen ganz oder mehr als eine Miete fehlt über mehr als zwei aufeinanderfolgende Termine. Liegen keine rechtfertigenden Umstände hierfür vor, kann das Mietverhältnis fristlos gekündigt werden.

Die Besonderheit der fristlosen Kündigung des Wohnraummietverhältnisses liegt darin, dass die Kündigung des Mietverhältnisses durch Zahlung in einem bestimmten Zeitraum „geheilt“ werden kann.
Ein Mietverhältnis kann auch „ordentlich“ gekündigt werden, das heißt unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen. Auch hierfür müssen bestimmte Kündigungsgründe vorliegen. Außerdem muss der Mieter den Vertrag „schuldhaft“ verletzt haben. Und in einigen Fällen muss der Vermieter den Mieter zuvor auf die Vertragsverletzung hingewiesen haben. Eine ordentliche Kündigung kann dann aber nicht „geheilt“ werden. Klingt kompliziert, ist es auch. Die Kündigung eines Mietverhältnisses ist nicht so einfach. Schließlich verliert der Mieter seine Wohnung. Das wird von der Rechtsordnung besonders geschützt.

Jetzt gibt es Streit darüber, ob neben einer fristlosen Kündigung wegen Mietrückständen auch eine ordentliche Kündigung ausgesprochen werden kann. Schließlich kann die fristlose Kündigung geheilt werden, die ordentliche aber nicht. Das Landgericht Berlin vertrat die Ansicht, das geht nicht. Wenn ein Mietvertrag fristlos gekündigt wurde, kann er nicht noch einmal anders gekündigt werden. Die zwei Verfahren wurden an den Bundesgerichtshof abgegeben.

Der Bundesgerichtshof hat in der Sache nun entschieden: doch, das geht und ist auch richtig so. Der Vermieter kann das Mietverhältnis aus demselben Grund fristlos und auch ordentlich kündigen. (Urteile vom 19. September 2018 – VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17).

Dennoch ist Vorsicht geboten und die Kündigung im Einzelfall sorgfältig zu prüfen: Die Kündigungsvoraussetzungen für eine ordentliche Kündigung sind eng. Wenn die fristlose Kündigung geheilt ist, muss die ordentliche Kündigung deshalb noch nicht wirksam sein. Das ist dann im Einzelfall zu untersuchen. Deshalb wurden die nun entschiedenen Verfahren in der Sache zur weiteren Prüfung an das Landgericht zurück verwiesen, um das Vorliegen der Kündigungsgründe im Einzelnen zu prüfen.

Aus der Pressmitteilung: „Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat klargestellt, dass auch eine hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs zur Beendigung eines Mietverhältnisses nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist führen kann, wenn die durch den Vermieter unter Berufung auf denselben Sachverhalt vorrangig erklärte und zunächst auch wirksame fristlose Kündigung durch eine vom Mieter nach Zugang der Kündigungserklärung vorgenommene Schonfristzahlung nachträglich unwirksam wird. Von diesem Verständnis ist der Senat – ebenso wie die Instanzrechtsprechung – stets ausgegangen.

Ein vom Mieter herbeigeführter Ausgleich der Rückstände gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB lässt die durch eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a BGB) mit ihrem Zugang herbeigeführte sofortige Beendigung des Mietverhältnisses nachträglich rückwirkend entfallen. Die Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB beschränkt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf, lediglich Ansprüche auf Räumung und Herausgabe der Mietsache nachträglich zum Erlöschen zu bringen. Vielmehr hat der Gesetzgeber gewährleisten wollen, dass die wirksam ausgeübte fristlose Kündigung unter den dort genannten Voraussetzungen trotz ihrer Gestaltungswirkung rückwirkend als unwirksam gilt und der Mietvertrag fortgesetzt wird. In einer solchen Situation kommt eine gleichzeitig mit einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zur Geltung. Denn ein Vermieter, der neben einer fristlosen Kündigung hilfsweise oder vorsorglich eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen eines aufgelaufenen Zahlungsrückstands ausspricht, erklärt diese nicht nur für den Fall einer bereits bei Zugang des Kündigungsschreibens gegebenen Unwirksamkeit der vorrangig erfolgten fristlosen Kündigung. Vielmehr bringt er damit aus objektiver Mietersicht regelmäßig weiterhin zum Ausdruck, dass die ordentliche Kündigung auch dann zum Zuge kommen soll, wenn die zunächst wirksam erklärte fristlose Kündigung aufgrund eines gesetzlich vorgesehenen Umstands wie einer unverzüglichen Aufrechnung durch den Mieter (§ 543 Abs. 2 Satz 3 BGB), einer sog. Schonfristzahlung oder einer Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB) nachträglich unwirksam wird.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat eine Schonfristzahlung oder Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle also nicht zur Folge, dass eine mit der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs gleichzeitig hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung „ins Leere“ ginge. Indem das Berufungsgericht allein darauf abgestellt hat, dass eine in materieller und formeller Hinsicht wirksam erklärte fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs das Mietverhältnis (zunächst) auflöst, hat es die bei der Auslegung einer Kündigungserklärung zu beachtenden rechtlichen Zusammenhänge (insbesondere Wirkung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB) außer Acht gelassen und einen einheitlichen natürlichen Lebenssachverhalt (Zahlungsverzug, Kündigung, nachträgliche Befriedigung des Vermieters), auf den sich die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung bei vernünftiger lebensnaher und objektiver Betrachtung stützt, künstlich in einzelne Bestandteile aufgespalten.“