Im Rahmen der Verhandlungen des Koalitionvertrags wurde verschiedentlich der Vorstoß von Minister Friedrich (CSU, Bayern) kritisiert, die durch die Maut-Anlagen der Toll-Collect gesammelten Daten zu sichern und zur Gefahrenabwehr zu nutzen.
Es scheint dabei kaum bekannt zu sein, dass die Speicherung der Daten von Toll-Collect und deren Abgleich mit zur Fahndung ausgeschriebenen KFZ-Kennzeichen bereits in etlichen Bundesländern praktiziert wird.
Der bayerische Verwaltungsgerichtshof sieht mit Urteil vom 17. Dezember 2012 kein Problem, so wie unser derzeitiger Innenminister.
Argument ist in dem Urteil unter anderem, dass keine dauerhafte Datenspeicherung erfolge, also die Daten sofort wieder gelöscht würden. Insbesondere sei deshalb die Erstellung eines Bewegungsprofils nicht möglich.
Im Umkehrschluss ist daher die Erstellung eines Bewegungsprofils technisch sehr wohl möglich. Es wird lediglich darauf vertraut, dass eine dauerhafte Datenspeicherung nicht erfolge und damit ein Datenabgleich mit früheren Standorten nicht möglich sei.
Die Erwägung verläuft zwischen den Fronten „informationelle Selbstbestimmung“ / Freiheit und „Gefahrenabwehr“:
„Der Gesetzgeber hat in dieser Gesetzesbegründung ausdrücklich seine Absicht bekundet, den rechtsstaatlichen Erfordernissen bei einem Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung entsprechend nachzukommen und deshalb die Gefahrenabwehr als Zweck der automatisierten Kennzeichenerfassung erneut – wie schon in der Begründung zum Gesetzentwurf vom November 2004 (LT-Drs. 15/2096) – in den Mittelpunkt seiner Erwägungen gestellt (LT-Drs. 15/10522 S. 1 f.).“
Entgegen der Argumentation von Innenminister Friedrich, der mit dem angeblichen Supergrundrecht Sicherheit jede Grundrechtssystematik aushebelt, gibt sich der Gerichtshof Mühe, die widerstreitenden Grundrechtsinteressen gegeneinander abzuwägen.
Wie auch immer, es findet eine ansatzlose Rasterfahndung auf deutschen Autobahnen statt. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist nachrangig.
Die Dimensionierung der Maut-Anlagen gab bereits bei der Ausschreibung Anlaß zur Annahme, dass weit Größeres geplant ist. Heute stellt sich die Frage, ob dies den Ausbau der Maut auf PKW betraf oder bereits damals die Gewinnung von Daten zur „Gefahrenabwehr“. Federführend war damals meiner Erinnerung nach der damalige Innenminister Schäuble.
Vertrauen auf die Einhaltung einer quasi-Selbstbeschränkung bei der Erfassung von Daten und deren unverzüglichen Vernichtung heißt in heutigen Zeiten nichts weiter als Naivität gegenüber der tatsächlichen Praxis der Datensammler an den Tag zu legen. Das Urteil datiert vor dem Bekanntwerden des NSA-Skandals und der Beteiligung auch bundesdeutscher Behörden.
Meines Wissens ist Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil eingelegt.