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Ein Klavier zwischen Wohnungseigentümern und ein Beispiel juristischer Rafinesse.

Zwei Wohnungseigentümer streiten darüber, ob Klavierspielen im Hause erlaubt sei:
In der Hausordnung ist jeder Gebrauch von Musikinstrumenten, der außerhalb der eigenen vier Wände zu vernehmen ist, schlicht untersagt.

„Das Landgericht hat dazu ausgeführt: Klavierspielen in Zimmerlautstärke sei sinnvoll nicht möglich, so dass die Hausordnung ein faktisches Musizierverbot enthalte. Musizieren in der eigenen Wohnung zähle zum Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und sei zugleich Ausfluss des Sondereigentums. Dieses Recht finde aber seine Grenze dort, wo das gleiche Recht anderer berührt werde. Eine Gebrauchsregelung durch Vereinbarung liege mit der Hausordnung nicht vor. Diese habe vielmehr die Rechtsqualität einer Gebrauchsregelung durch Eigentümerbeschluss. Eine solche könne die Musikausübung nicht grundsätzlich untersagen, wohl aber auf bestimmte Zeiten beschränken. Der faktisch völlige Ausschluss einer Musikausübung in der Hausordnung sei wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig.“

Das Oberlandesgericht verwirft die Entscheidung: Ja, die Hausordnung verstoße gegen die guten Sitten und verbiete in unangemessener Weise das Musizieren in der eigenen Wohnung. Die Hausordnung sei aber wirksam.
Daraus ergäben sich zwei Folgen:

Der Anspruch der Antragstellerin auf Unterlassung des Klavierspiels greife durch.

Die Antragsgegnerin hat jedoch einen Anspruch auf Änderung der Hausordnung. Dieser Anspruch „kann jedoch dem Unterlassunganspruch der Antragstellerin nicht entgegengehalten werden. Solange die Hausordnung nicht geändert wurde, ist sie verbindlich und muß von der Antragsgegnerin eingehalten werden.“

Das Bayrische Oberlandesgericht spielt mit Beschluss vom 23.08.2001 – 2Z BR 96/01 die juristische Klaviatur und dem Landgericht den Marsch.
(Fundstellen: MDR 2001, 1345; NJW 2001, 3635; NZM 2001, 1034; ZMR 2002, 64; IMR)