0911 - 8101 1600, fax: 0911 - 8101 1601 post@ra-rosbach.de

Im Streit um die Beweiskraft eines Einwurf-Einschreibens für den Zugang einer Willenserklärung hat der BGH in einem aktuellen Urteil sich deutlich in Richtung der Befürworter einer hinreichenden Beweiskraft durch ein Einwurf-Einschreiben orientiert.
Mit Urteil vom 25.01.2012 – VIII ZR 95/11 – haben die Richter entschieden, daß der Zugang einer Willenserklärung durch ein Einwurf-Einschreiben an ein Postfach gewährleistet sei.

Bereits vorher hatte das LG Saarbrücken in einem Einwurf-Einschreiben einen hinreichenden Anscheinsbeweis gesehen, den der bestreitende Empfänger qualifiziert begegnen müsse:
„Beim Einwurfeinschreiben genügt der Auslieferungsbeleg nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises für den Beweis des rechtzeitigen Zugangs, wenn das ordnungsgemäße Zustellungsverfahren vom Zusteller eingehalten worden ist.“ (was im Ergebenis nur durch Zeugenvernahme des Zustellers ermittelt werden kann.)
(OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.03.2007 – 4 U 83/06; OLG-Report Saarbrücken 2007, 601; über IBR 2007, S. 601)

Ganz anders dagegen die Ansicht der 67. Kammer des Landgerichts Berlin:

Ein Beispiel für die Unzulänglichkeit der uns umgebenden Institutionen und Personen sieht dagegen das Landgericht Berlin, das in einem Hinweisbeschluß ein Einwurf-Einschreiben als nicht zum Zugangsbeweis geeignet befand.

„Beim Einwurf-Einschreiben wird die Sendung nicht gegen Unterschrift an den Empfänger persönlich ausgehändigt. Die Ablieferung erfolgt vielmehr durch Einwurf der Sendung in den Briefkasten des Empfängers. Unmittelbar vor dem Einwurf zieht der Postmitarbeiter das so genannte Peel-Off-Label, das zur Identifizierung der Sendung dient, von dieser ab und klebt es auf den so vorbereiteten, auf die eingeworfene Sendung bezogenen Einlieferungsbeleg. Auf diesem Beleg bestätigt der Postmitarbeiter nach dem Einwurf  mit seiner Unterschrift und Datumsangabe die Zustellung.

So die Theorie. In der Praxis scheinen sich bisweilen die Mitarbeiter der Post die Arbeit dadurch zu erleichtern, dass sie die Peel-off-Label bereits in der örtlichen Poststelle von den Sendungen lösen und die Belege ausfüllen, um die Sendungen dann mit der normalen Post auszuliefern. Diese Vorgehensweise lag einem Fall zugrunde, den das Landgericht Potsdam (Urteil vom 27. Juli 20000 – 11 S 233/99) zu entscheiden hatte:

„Die Kammer weist darauf hin, dass sich nach dem ersten Anschein der Eintrag in dem als Anlage K 4 vorgelegten Postausgangsbuch vom 30. September 2008 auf ihr Schreiben vom 29. September 2008, in welchem sie die Aufrechnung erklärt, bezieht. Gleiches gilt für die in Anlage K 5 vorgelegte Auskunft der Deutschen Post vom 26. August 2010. Dieses Schreiben stellt zur Überzeugung der Kammer aber noch keinen Beweis des Zugangs der Sendung beim Beklagten dar. Hier wäre es gegebenenfalls Sache der Klägerin unter Beweisantritt vorzutragen, welcher Mitarbeiter der Post in welcher Form die Sendung zugestellt hat.“

(LG Berlin 67 S 478/10 – Hinweis vom  19.01.2011)

Der Hinweis der Kammer bedeutet im Ergebnis, daß jedenfalls in Mietsachen eine Zustellung durch Einwurf-Einschreiben nicht nachgewiesen werden kann.

Die Post jedenfalls ist keine große Hilfe. Sie verweigert mit Verweis auf den Datenschutz nach persönlicher Anfrage regelmäßig die Herausgabe der Namen der Zusteller. Die elektronisch gespeicherten Daten werden zudem nur noch sechs Monate vorgehalten. Dem Nachweis der Zustellung ist damit nicht mehr gedient.

Wie hatte eine Richterin über einen anderen Zusteller erklärt: Der Briefzusteller ist gerichtsbekannt unzuverlässig: Es war der von der Justiz beauftragte Zustelldienst.

Es bleibt zu hoffen, daß die überzogenen Anforderungen der 67. Kammer des Landgerichts Berlin an den Nachweis einer Zustellung nicht Schule machen.